Propolis – Neue Daten zum Einsatz in der Medizin
Dieser Text von Prof. Dr. Karsten Münstedt und Dr. Andreas Hackethal vom Universitätsklinikum Gießen untersucht die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum medizinischen Einsatz von Propolis.
Was ist Propolis?
Propolis, abgeleitet von "vor der Stadt", ist eine harzartige Substanz, die Bienen von Pflanzen sammeln, um ihren Stock zu verteidigen, abzudichten, tote Eindringlinge zu umhüllen und vor Feuchtigkeit und Keimen zu schützen. Die Zusammensetzung variiert stark je nach Herkunft der Pflanzen, wobei Flavonoide als Hauptwirkstoffe gelten.
Historische und wissenschaftliche Bewertung:
Schon in der Antike wurde Propolis medizinisch genutzt (z.B. in Ägypten zur Mumifizierung, von Hippokrates bei Geschwüren). Obwohl viele traditionelle Bücher Heilwirkungen zuschreiben, fehlen oft wissenschaftlich fundierte Quellen. Die Autoren betonen die Notwendigkeit sorgfältig geplanter, doppelblinder Studien zur Validierung der Wirkungen.
Eigenschaften und Anwendungen (basierend auf Studien):
- Krebserkrankungen: Experimentelle Daten zeigen, dass Propolis (insbesondere Substanzen wie Artepillin C, CAPE) krebszellentötende und krebsverhindernde Eigenschaften besitzen kann, oft selektiv gegen bösartiges Gewebe. Tierversuche zeigten eine Prävention von Tumoren in Brust, Haut, Nieren und Darm. Die Wirkung in Kombination mit Chemotherapie ist gemischt; es gibt Hinweise auf schützende Effekte auf gesunde Zellen (z.B. Pankreas-Betazellen, Herzmuskel) und Reduktion strahlentherapiebedingter Schäden.
- Schutz gutartiger Gewebe: Propolisextrakte haben organprotektive Funktionen gezeigt, insbesondere Leberschutz vor Toxinen. Die Wirksamkeit hängt stark von Herkunft und Extraktionsmethode ab.
- Antivirale Wirkungen: Propolis ist wirksam gegen verschiedene Viren (z.B. Herpes, Adeno, Influenza). Eine klinische Studie zeigte eine signifikant schnellere Abheilung von genitalen Herpesinfektionen im Vergleich zu Standardmedikamenten und Placebo, sowie eine Behandlung von begleitenden bakteriellen Scheideninfektionen.
- Antibakterielle, entzündungshemmende und wundheilende Eigenschaften: Bekannt seit langer Zeit (z.B. Burenkrieg). Experimente bestätigen bakterien- und pilzhemmende Wirkungen und einen synergistischen Effekt mit Antibiotika. Propolis kann die Wundheilung beschleunigen und entzündliche Prozesse reduzieren (u.a. durch CAPE). Humanstudien zeigen eine verbesserte Immunfunktion, reduzierte Infektionsraten bei Kindern (in Kombination mit Echinacea und Vitamin C) und Verbesserungen bei chronischer Scheidenentzündung und Zellveränderungen am Gebärmutterhals.
- Weitere Anwendungen am Menschen: Positive Effekte wurden in der Orthopädie (Hüftkopfnekrose) und Zahnheilkunde (Schmelzhärte, Zahnsensibilität) beobachtet. Eine bemerkenswerte Studie zeigte signifikante Verbesserungen bei Bronchialasthma-Patienten (nächtlicher Husten, Entzündungsparameter, Lungenfunktion) bei zusätzlicher Propolisgabe.
Schlussfolgerung:
Propolis ist ein vielversprechendes Substanzgemisch mit potenzieller Wirksamkeit bei einer Vielzahl von Erkrankungen, belegt durch Tier- und einige Humanstudien. Eine allgemeine Empfehlung ist aufgrund der stark variierenden Zusammensetzung und fehlender Standardisierung schwierig. Dennoch sind weitere Studien zu Bereichen wie Asthma, chronischer Scheidenentzündung, Strahlentherapie und Infektabwehr sinnvoll und notwendig.